Sitzschale: Windschlag eine Hüfte abduziert (mit Flexion, Außenrotation) kontralaterale Hüfte adduziert (mit Flexion, Innenrotation) Luxations- gefahr beide OS im Verlauf des Windschlages einbetten Kopf und obere Extremität bleiben neutral ausgerichtet! Sitzschale: nicht kontrakt Skoliose kontrakt Einbettung einer Windschlagdeformität ⇒ nicht fixierte Skoliosen korrigieren ⇒ fixierte Skoliosen betten, Sitzfläche anpassen ⇒ Kopf in Medianebene und waagerecht! Abb. 7 Berücksichtigung kontrakter Windschläge in Sitz- schalenversorgungen [3, 4] (Quelle: Bufa). Abb. 8 Berücksichtigung von Skoliosen in Sitzschalenver- sorgungen [6] (Quelle: Bufa). Rollstuhlfahrer ohne ausreichende Rumpfkontrolle sind – unter Öffnung des Sitz-Rücken-Winkels (S-R-Winkel) am Rollstuhl – so zu positionieren, dass der Schwerpunkt des Rumpfes hinter ihrem Becken liegt und somit die Schwerkraft ihren Rumpf gegen die Rückenlehne stabilisiert (Abb. 5). Aus dieser Körperhaltung erwachsen allerdings funktionelle Nachteile in Bezug auf Transfer, Antrieb und sons- tige Tätigkeiten. Die Kompromisslinie zwischen passiver Stabilisierung des Rumpfes und Unterstützung motori- scher Funktionen ist somit kritisch zu ziehen. Beiden genannten Rollstuhl- einstellungen gemeinsam ist eine Nei- gung der Sitzfläche nach hinten. Diese mindert Rutschtendenzen und stabili- siert die Sitzposition. Gänzlich anders erfolgt die Positio- nierung von „trippelnden“ Rollstuhl- fahrern. Wenn Füße als Kraftquelle am Boden eingesetzt werden, ist es für die trippelnde Person ergonomisch vorteil- haft, wenn die Sitzfläche des Rollstuhls nach vorne abfällt und der S-R-Winkel kompensatorisch soweit geöffnet wird, dass der Rollstuhlfahrer seinen Rumpf wieder aufrecht halten kann. Dem er- gonomischen Gewinn steht eine stär- kere Rutschtendenz gegenüber, der durch eine Limitierung der Vornei- gung des Sitzes auf ca. zwei cm sowie durch eine „Tuberschwelle“ entgegen gewirkt werden muss (Abb. 5). Positionierung von Sitzschalenpatienten In der Sitzschalenversorgung folgen die Positionierungsregeln den patholo- gischen und anatomischen Besonder- heiten lediglich passiv sitzfähiger Pa- tienten. Zu diesen Besonderheiten ge- hören zum Beispiel Dysfunktionen in erschienen in: ORTHOPÄDIE TECHNIK 10/12, S. 24 der Tonusregulation. Der Umgang mit motorischer Hyper- und Hypotonie for- dert das gesamte therapeutische Team. Die Sitzschalenversorgung kann als ih- ren Beitrag zu diesem Thema Variatio- nen am S-R-Winkel anbieten (Abb. 6) [9], wobei sich die Verkleinerung des S-R-Winkels üblicherweise tonusmin- dernd auf eine Streckspastik auswirkt, wohingegen die Vergrößerung des S-R-Winkels die Rückenstreckmusku- latur aktiviert, was eher bei hypotonen Patienten erwünscht ist. Ergänzend zu der vorangehenden Betrachtung können Justierungen am S-R-Winkel einer Sitzschale auch durch Kontrakturen in den Hüftgelenken des Nutzers erforderlich sein (Abb. 6). Weitere Positionierungsregeln für Sitzschalen stehen unter der Prämisse, Kopf und Schultergürtel des Patienten in Fortbewegungsrichtung und Medi- anebene auszurichten, um Wahrneh- mung und Interaktionen zu fördern. Dies führt bei kontraktem Windschlag zu einer seitlichen Verlagerung beider Beine (Abb. 7) [3]. Im Falle kontrakter Skoliosen macht die gleiche Prämisse die Akzeptanz eines einseitigen Becken- hochstandes erforderlich (Abb. 8) [6, 9]. Sicherung der Ergebnisqualität Für die Sicherung der Ergebnisquali- tät ist insbesondere eine strukturierte Anprobe entscheidend. Der Ablauf der Anprobe ist nicht beliebig und beginnt mit Ausschlussfaktoren, die bei Auffäl- ligkeiten eine sofortige Änderung des Hilfsmittels nach sich ziehen müssen. Weitere Anprobekriterien sind nicht minder wichtig, aber freier in der Rei- henfolge der Kontrolle sowie in der zeit- lichen Abfolge notwendiger Änderun- gen. In der Tabelle 1 sind die erforderli- chen Anprobekriterien aufgelistet und kommentiert. Der Autor: Norbert Stockmann Bundesfachschule für Orthopädie-Technik Schliepstraße 6-8, 44135 Dortmund LITERATUR: [1] Baumgartner, R., B. Greitemann: Grundkurs Technische Orthopädie, 2. Auf- lage, Stuttgart, Thieme, 2007 [2] BIV (Hrsg.): MPG-Arbeitshilfen, Dortmund, Verlag Orthopädie-Technik, 1998 [3] Brunner, R.: Sitzanpassung bei Windschlagdeformität, Orthopädie Technik 56 (2005), 774-775 [4] Döderlein, L.: Grundlagen der Sitzversorgung bei den schweren Formen der in- fantilen Zerebralparese, Med. Orth. Tech. 115 (1995), 266-273 [5] Engström, B.: Ergonomics – Wheelchair and Positioning, Hässelby, Posturalis, 1993 [6] Grabe, M.: Mobilität und Teilhabe als Aspekte der Hilfsmittelversorgung, Vor- trag Symposium Kinderorthopädie, Bundesfachschule für Orthopädie-Technik, 2009 [7] Holtz, R.: Therapie- und Alltagshilfen für zerebralparetische Kinder, 2. Auflage, München, R. Pflaum Verlag, 2004 [8] Preisler, B., A. Trenkenschau: Möglichkeiten und Grenzen der Sitzorthesenver- sorgung aus physiotherapeutischer Sicht, Orthopädie Technik 50 (1999), 291-298 [9] Strobl, W.: Planung und Durchführung der Sitzversorgung bei Patienten mit infantiler Zerebralparese, Med Orthop Tech. 121 (2001), 152-159 [10] Strobl, W.: Behandlungsprinzipien neuromuskulärer Skoliosen, Orthopädie Technik 62 (2011), 922-927